Gründer FAQ: Forderungen eintreiben
Wie kann ich offene Rechnungen vor Gericht eintreiben?
Inhaltsverzeichnis
- Wie leitet man ein gerichtliches Mahnverfahren ein?
- Wie geht das Gericht weiter vor?
- Forderungen im Ausland eintreiben
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Forderung eintreiben mit dem gerichtlichen Mahnverfahren
Eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, an sein Geld zu kommen, stellt das sogenannte gerichtliche Mahnverfahren dar. Dieses Verfahren ist in § 688 der Zivilprozessordnung geregelt und bietet dem Verkäufer die Möglichkeit, seine Forderung gerichtlich durchzusetzen, ohne Klage erheben zu müssen. Der Mahnbescheid wird nämlich ohne Prozess und Urteil vom Gericht ausgestellt. Es genügt, wenn der Verkäufer behauptet, einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises zu haben. Weitere Nachweise muss er nicht erbringen. Wenn alles gut läuft und der Käufer das Bestehen des Zahlungsanspruchs nicht bestreitet, endet das Mahnverfahren mit einem Vollstreckungsbescheid. Mit diesem kann der Verkäufer seine Forderung zwangsweise mit der Hilfe eines Gerichtsvollziehers durchsetzen.
Nur wenn die Gegenseite bestreitet, dass der Zahlungsanspruch besteht, muss der Verkäufer weitere Nachweise erbringen. In diesem Fall wird meist ein gewöhnliches gerichtliches Verfahren in Gang gesetzt. Verkäufer und Käufer müssen dann ihre Positionen darlegen, woraufhin das Gericht eine Entscheidung durch Urteil treffen wird.
Nicht zu verwechseln ist das gerichtliche Mahnverfahren mit dem außergerichtlichen Mahnverfahren, bei welchem der Verkäufer den Käufer – meist durch einen Rechtsanwalt oder ein Inkassobüro – zur Zahlung auffordert. Jedoch muss jedem gerichtlichen Mahnverfahren eine solche private Mahnung vorausgehen!
Wie genau läuft nun aber ein gerichtliches Mahnverfahren ab? Was muss ein Verkäufer tun, um am Ende einen vollstreckbaren Titel und damit sein Geld zu erhalten?
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Wie leitet man ein gerichtliches Mahnverfahren ein?
Bevor sich der Verkäufer an das Gericht wenden darf, muss er zunächst versuchen, seine Forderung auf privatem Wege durchzusetzen. Wie bereits erwähnt, ist dafür eine Mahnung erforderlich. Diese soll dem Käufer nicht nur die Chance geben, den Kaufpreis zu zahlen, ohne ein gerichtliches Verfahren einleiten zu müssen – sie ist auch zwingende Voraussetzung für das gerichtliche Mahnverfahren. Die private Mahnung muss eine eindeutige Aufforderung zur Zahlung sowie eine zweiwöchige Frist ab Zustellung enthalten. Um im späteren gerichtlichen Mahnverfahren nachweisen zu können, dass die Mahnung dem Käufer auch tatsächlich zugestellt wurde, empfiehlt es sich, diese per Einschreiben mit Rückschein zu versenden.
Reagiert der Käufer auf die private Mahnung nicht und ist die Zahlungsfrist verstrichen, kann der Verkäufer das gerichtliche Mahnverfahren einleiten. Es beginnt damit, dass er beim zuständigen Mahngericht einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids stellt. Wichtig zu erwähnen ist dabei, dass das komplette Mahnverfahren streng formalisiert ist und es für beinahe jeden Verfahrensschritt Vordrucke gibt. Mittlerweile lässt sich dies unkompliziert online erledigen. Die meisten Bundesländer haben eigene Mahngerichte, die für die jeweiligen Anträge zuständig sind.
Wie geht das Gericht weiter vor?
Nachdem der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids beim zuständigen Mahngericht eingegangen ist, wird dieses dem Antrag nachkommen und einen Mahnbescheid an den Käufer senden. Dieser hat dann verschiedene Möglichkeiten, auf den Bescheid zu reagieren:
- Er kann die Forderung begleichen. Mit Zahlung des Kaufpreises und der Kosten für das begonnene Mahnverfahren erlischt dann der Anspruch des Verkäufers und die Sache ist vom Tisch. Das Mahngericht wird dann nicht weiter tätig.
- Ist der Käufer der Ansicht, die Forderung bestehe nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, kann er gegen den Bescheid Widerspruch einlegen. Meist hat dies zur Folge, dass aus dem Mahnverfahren ein normales gerichtliches Verfahren wird, bei dem beide Parteien ihre Positionen darlegen und beweisen müssen.
- Ein häufiger Fall in der Praxis: Der Käufer reagiert gar nicht. In diesem Fall kann der Verkäufer sofort einen Vollstreckungsbescheid beantragen, mit welchem er seinen Anspruch zwangsweise durchsetzen kann. Zu beachten ist dabei allerdings die zweiwöchige Widerspruchsfrist, die es abzuwarten gilt. Erst wenn diese verstrichen ist, ohne dass der Käufer ein Lebenszeichen von sich gegeben hat, kann der Vollstreckungsbescheid beantragt werden. Andersherum kann der Antrag nur innerhalb der nächsten sechs Monate ab Zustellung des Mahnbescheids beantragt werden.
Der Vollstreckungsbescheid stellt dann einen vollstreckbaren Titel dar und hat damit die Wirkung eines Urteils. Das bedeutet, der Verkäufer kann seine Kaufpreisforderung zwangsweise mit der Hilfe eines Gerichtsvollziehers durchsetzen. Bevor es so weit kommt, kann der Käufer allerdings auch gegen den Vollstreckungsbescheid Widerspruch einlegen. Genau wie beim Widerspruch gegen den Mahnbescheid, kommt es dann in der Regel zu einem „einfachen“ Gerichtsverfahren.
Das gerichtliche Mahnverfahren lohnt sich besonders bei kleineren Geldforderungen, über die kein Streit besteht. Da es bei komplizierteren Ansprüchen meist ohnehin zu einem Prozess kommt, sollte bei solchen von einem gerichtlichen Mahnverfahren abgesehen werden.
Forderungen im Ausland eintreiben
Gerade im Online-Handel kommt es nicht selten vor, dass Käufer ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben. Da das gerichtliche Mahnverfahren aber nur für deutsche Schuldner und Gläubiger gilt, kann der Verkäufer bei grenzüberschreitenden Fällen nicht auf diese Möglichkeit zurückgreifen. Allerdings gibt es ein europäisches Äquivalent: das europäische Mahnverfahren. Sofern der Schuldner also aus einem europäischen Staat stammt, ist dieses anwendbar.
Auch das europäische Mahnverfahren ist darauf gerichtet, einen Zahlungsanspruch unkompliziert, ohne einen gerichtlichen Prozess durchzusetzen. Es gilt für alle EU-Mitgliedsstaaten – Käufer und Verkäufer müssen also in der EU ansässig sein. Für Anträge aus Deutschland ist ausschließlich das Amtsgericht Berlin-Wedding zuständig. Dieses wickelt den Prozess ab und erlässt gegebenenfalls den Europäischen Zahlungsbefehl.
Das Vorgehen beim europäischen Mahnverfahren ähnelt dem deutschen gerichtlichen Mahnverfahren. Der Verkäufer muss zunächst ein Antragsformular ausfüllen welches das Gericht überprüfen wird. Besteht die vom Verkäufer geltend gemachte Forderung eindeutig nicht, wird das Gericht den Antrag ablehnen. Ansonsten wird es einen Europäischen Zahlungsbefehl erlassen und dem Käufer zustellen. Dieser hat dann die Möglichkeit, innerhalb von 30 Tagen Einspruch gegen den Zahlungsbefehl einzulegen. Unterlässt er dies, erklärt das Gericht den Zahlungsbefehl nach Ablauf der Einspruchsfrist für vollstreckbar. Der Verkäufer kann seinen Anspruch dann zwangsweise in dem EU-Staat, in dem der Käufer ansässig ist, durchsetzen.
Schwieriger ist es, wenn der Käufer nicht aus der EU stammt. Mit einigen nicht-EU-Staaten existieren Abkommen, die es ermöglichen, Forderungen innerhalb dieser Staaten durchzusetzen. Beispielsweise mit der Schweiz, Norwegen oder Island. Bei anderen Ländern hingegen wird es auf die jeweilige Rechtslage innerhalb des Staates ankommen. In solchen Fällen wird man wohl nicht umhinkommen, einen Anwalt zu engagieren oder mit einem Inkasso-Unternehmen zusammenzuarbeiten.
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Über den Autor
Christian Solmecke
Rechtsanwalt Christian Solmecke hat in seiner Kölner Kanzlei WBS.LEGAL den Bereich Internetrecht/E-Commerce stetig ausgebaut. Er betreut dort zahlreiche Online-Händler, Medienschaffende und Web-2.0-Plattformen. Daneben ist RA Solmecke Gründer von anwalt2go sowie mehreren IT-Startups. Seine ersten Projekte hat er selbst programmiert. Neben seiner Kanzleitätigkeit und der Geschäftsführung der cloudbasierten Kanzleisoftware Legalvisio.de ist Christian Solmecke Autor zahlreicher Fachbücher zum Thema Online-Recht und Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Kommunikation und Recht im Internet (DIKRI) an der Cologne Business School (http://www.dikri.de). Dort beschäftigt er sich insbesondere mit den Rechtsfragen in Sozialen Netzen. Vor seiner Tätigkeit als Anwalt arbeitete Solmecke mehrere Jahre als Journalist für den Westdeutschen Rundfunk und andere Medien.