Interview über Erfolgsfaktoren und Pappmöbel-Vorurteile
Gründer-Geheimnis: Darum setzt ROOM IN A BOX auf flexible Pappmöbel
Featured image: Pressefoto ROOM IN A BOX
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Der Rheinländer Gerald Dissen erkannte schon früh, dass perfekte Produkte beim Verkauf generell nicht nur robust, sondern auch nachhaltig und flexibel sein müssen. Dass sich dieser Grundgedanke letztendlich mit Pappmöbeln und seinem eigenen Startup umsetzen ließ, war im Jahr 2013 allerdings noch nicht klar. Durch einen Zufall auf einer Messe, ein Zusammentreffen mit seinem Mitgründer Lionel und viele sorgfältige Produktionsschritte, entstanden schließlich die faltbaren Pappmöbel von ROOM IN A BOX. Obwohl sie anfangs viel Kritik einstecken mussten, setzten sich die beiden Gründer durch und konnten ihre Marke mit den nachhaltigen Pappmöbeln erfolgreich etablieren.
Mittlerweile bietet das Startup eine Vielzahl innovativer Möbel und Designs über seinen Onlineshop an, neben Betten sind auch Regale, Sideboards und Hocker dabei. Außerdem spendet das Unternehmen für jedes verkaufte Produkt einen Baum an ein Nachhaltigkeitsprojekt für Entwicklungsländer. Doch wie fing alles an? Wie entstand ihre innovative Geschäftsidee? Wir haben im Interview mit Gerald Dissen erfahren, worauf Gründer bei der Planung achten sollten und welche Strategien zum Erfolg führen.
Phase 1: Ideenfindung
Wie kam es bei Gerald zum Interesse an Pappmöbeln?
Der Wunsch, Pappmöbel zu entwickeln und zu verkaufen, entstand für mich im Jahr 2013 beim Besuch einer Nachhaltigkeitsmesse. Dort stolperte ich über einen Sessel aus Wellpappe. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich auf den letzten Metern meines Studiums der Wirtschaftswissenschaften und bildete mich in Potsdam an der D.School des Hasso-Plattner-Instituts in “Design Thinking” weiter. Deshalb führte mich ein Research Projekt für das Programm auf die Messe und ich war sofort beeindruckt von der Stabilität bzw. Anmutung des Papp-Möbelstücks.
Wodurch entstand daraus die Geschäftsidee für ROOM IN A BOX?
Eine kurze Marktanalyse nach der Messe zeigte mir, dass das Thema noch zu wenig Aufmerksamkeit bekam. Darüber hinaus waren die Möbel leicht und somit ein Gegenentwurf zu sperrigen bzw. schweren Möbeln, mit denen ich im Rahmen vieler Umzüge im Laufe des Studiums schlechte Erfahrungen machen konnte. Somit war in diesem Moment die Idee geboren, solche Lösungen anzubieten und auf Pappmöbel zu setzen. Danach erzählte ich jedem von der Idee und wurde zunächst einmal viel belächelt. Auf einer Party traf ich dann schließlich meinen Geschäftspartner Lionel, der im Gegensatz zu vielen anderen auch sofort Feuer und Flamme war. Das war für mich ein gutes Zeichen und der Startschuss für ROOM IN A BOX.
Wie habt ihr erkannt, dass es sich dabei um ein lukratives Geschäftsmodell handelt?
Möbel aus Pappe ergaben für uns sofort Sinn. Denn es gibt in Deutschland eine sehr gute Infrastruktur für die Verarbeitung und das Recycling des Materials, das zudem günstig in der Beschaffung ist. Jedoch war das Thema Geld verdienen nicht der hauptsächliche Treiber. Die Vorstellung eine eigene Firma aufzubauen und nachhaltige sowie günstige Möbel herzustellen, erwies sich für mich nämlich auch als Antwort auf eine Frage, die mich seit vielen Jahren beschäftigte. Es war ganz klar, dass ich mich nur noch mit diesem Thema beschäftigen wollte. Dabei muss man erwähnen, dass wir das Konzept hinter dem Geschäftsmodell und die Frage über die Art der Möbel in den ersten Jahren mehrmals über den Haufen geschmissen haben, bis wir operativ richtig erfolgreich geworden sind. Nur das Thema ist dasselbe geblieben.
Phase 2: Planung
Welche ersten Schritte habt ihr bei der Planung für ROOM IN A BOX unternommen?
Zu Beginn wurde die Idee bei Wellpappfirmen gepitcht und wir sind dabei auf wenig Gegenliebe gestoßen. Das Konzept war gelinde gesagt noch unausgereift und wir konnten keinerlei Erfahrungen vorweisen. Schließlich haben wir uns für das sogenannte Beuth Gründerstipendium, dass es damals noch gab, beworben und dieses tatsächlich bekommen. Dieses Stipendium der „Beuth Hochschule für Technik Berlin“ hat uns dann den nötigen Raum gegeben, um uns in Vollzeit mit dem Projekt beschäftigen zu können. Deshalb kann es für Gründer sinnvoll sein, sich rund um das Thema Gründerstipendium zu informieren.
Wie habt ihr euren Businessplan erstellt?
Für das Stipendium mussten wir einen Businessplan einreichen, ansonsten hätten wir sicher nie einen geschrieben. Diesen fertigten wir in einer einwöchigen Marathonsitzung an und fanden dabei noch einmal viele Punkte, die bis dahin noch keinen Sinn ergaben. Die Informationen, wie so ein Plan zu schreiben ist, haben wir uns aus dem Internet zusammengesucht und uns selbst zuerst eine Vorlage für einen Businessplan angefertigt. Es gibt bei den einzelnen Themen in Businessplänen aber kein wirkliches Richtig oder Falsch oder ein Patentrezept. Eine Gründung ist ein technisch komplexes Vorhaben, bei dem auch sehr viele andere Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Zum Beispiel, die eigene Motivation und das richtige Team. Wenn das Team stimmt, dann sollte man auch irgendwie einen Businessplan geschrieben bekommen. Das haben schließlich auch schon viele andere geschafft.
Phase 3: Gründung
Warum habt ihr bei ROOM IN A BOX auf einen Onlineshop gesetzt?
Als wir 2013 ROOM IN A BOX gründeten, konnte man bei IKEA online noch keine Möbel kaufen. Somit steckte das Thema Online-Möbel noch in den Kinderschuhen. Wir setzten hingegen von Anfang an darauf, weil es zu unseren Produkten passte und wir das Potenzial erkannten. Grundlegend ist es für angehende Gründer jedoch wichtig, eine passende Strategie für den Vertrieb zu entwickeln. Denn der Verkauf im eigenen Onlineshop kann auch den Weg in den Handel erschweren. Allerdings macht der Schritt in ein Online-Business Sinn, gerade wenn man über wenig Erfahrung verfügt. Denn dort können sich angehende Gründer gut ausprobieren, Hypothesen testen und benötigen im Vergleich zum Handel weniger Startkapital.
Wie wichtig ist es für Gründer heutzutage, trotz Online-Versand auch nachhaltig zu sein?
Die Frage suggeriert, dass Online-Versand nicht nachhaltig ist. Das ist aber nicht unbedingt der Fall. Wer mit dem Auto zum Laden fährt, verursacht unter Umständen mehr CO2, als wenn das Produkt geliefert wird. Wir denken, dass kein Unternehmen aktuell mehr um das Thema herumkommt. Deshalb würden wir auch kein Unternehmen gründen, das nicht glaubhaft die Nachhaltigkeit der verkauften Produkte vermitteln kann. Denn die Logistik ist ja auch nur ein Baustein in der Ökobilanz, den man beim Verkauf von Produkten berücksichtigen sollte.
Welche Fehler habt ihr bei der Gründung von ROOM IN A BOX gemacht?
Ob etwas ein Fehler war oder nicht, ist eine individuelle Wertung, denn alles besitzt zwei Seiten. Wenn etwas nicht klappt, dann war das nicht unbedingt ein Fehler. Man kann es einfach auf die Liste der Dinge schreiben, die nicht funktionieren. Aber das Schwierige ist immer am Ball zu bleiben und sich nicht zu zerstreiten. Und nichts zu tun, dass einen auf eine Fallhöhe bringt, aus der man nach dem Sturz nicht mehr aufstehen kann. Dabei gab es sicher Dinge, die wir heute nicht mehr tun würden. Doch eine Erkenntnis resultierte daraus: Stell dich nie gegen dein Bauchgefühl.
Phase 4: Wachstum
Was macht ROOM IN A BOX im Vergleich zur Konkurrenz so besonders?
Unser Ziel war es von Beginn an Möbel zu produzieren, die immer einen Mehrwert gegenüber einem konventionellen Möbelstück bieten. Flexible Bauweisen, Modularität und Einfachheit spielen bei all unseren Designs eine Rolle. Zudem bringt unser Werkstoff Nr. 1 – die Wellpappe – schon eine große Abgrenzung zu den meisten anderen Möbelproduzenten mit sich. Zwar existieren viele Materialien zur nachhaltigen Möbelproduktion, die sich definitiv einfacher vermarkten lassen. Dennoch haben wir uns bewusst für Wellpappe entschieden und ihre Vorteile gesehen.
Welche Hürden musstet ihr durch euren Fokus auf Wellpappe überwinden?
Verbunden mit dieser Wahl war und ist nach wie vor viel Aufklärungsarbeit bei den Verbrauchern ein großes Thema. Denn Vorurteile, wie minderwertige Qualität und schlechte Haltbarkeit des Materials, sind an der Tagesordnung. Deshalb haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, dieses Denken in den Köpfen potenzieller Käufer abzubauen, Pappmöbel aus dem Nischenmarkt herauszuholen und für die breite Gesellschaft zugänglich zu machen.
Welche Marketing-Kanäle funktionierten für ROOM IN A BOX besonders gut?
Da wir unsere Produkte bisher ausschließlich online vertreiben, setzen wir dementsprechend verstärkt auf verschiedenste Onlinemarketing-Kanäle, wie zum Beispiel Social Media. Über die Jahre hinweg konnten wir dort viel Expertise hinzugewinnen und arbeiten stetig daran, besonders unser Performance-Marketing zu optimieren. Dabei erwies sich auch hochwertiges Bild- und Videomaterial für uns als einer der Schlüsselfaktoren für erfolgreiches Marketing. Deshalb würden wir angehenden Gründern raten, trotz Online-Medien auf eine überzeugende Qualität der Fotos und Videos zu achten.
Welche geheimen Tipps könnt ihr angehenden Gründern geben?
Wichtig ist, nie den Glauben an das jeweilige Produkt und seinen Nutzen zu verlieren. Dein Produkt kommt nicht so gut an, wie du dachtest? Dann frage dich, woran das liegen könnte. Was an deinem Produkt ist vielleicht noch nicht zu Ende gedacht? Oder sprichst du einfach nur die falsche Zielgruppe an? Es gibt viele Möglichkeiten, warum ein Unternehmen oder ein Produkt nicht performt wie gewünscht. Denn gerade als Gründer kann man Fehler machen. Außerdem solltest du immer Unterstützung von anderen in Anspruch nehmen, dich mit anderen Gründern vernetzen. Sich gegenseitig helfen ist ein einfacher aber effektiver Tipp, um auch schwierige Phasen mental durchzustehen und Existenzängste zu vermeiden.
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Über den Autor
Insa Schoppe
Direkt nach dem Abitur entschied sich Insa für ein „Multimedia Production“-Studium in Kiel, danach folgten praktische Erfahrungen in einer Fernsehproduktionsfirma. Anschließend startete sie ein Volontariat in der Redaktion eines Radiounternehmens und wurde als Redakteurin übernommen. Zu ihren Aufgaben gehörten neben der Recherche und Texterstellung auch tägliche Nachrichten sowie die Verantwortung für mehrere Magazine. Im März 2020 wechselte Insa von der Radio-Redaktion in die Online-Redaktion von Gründer.de. Seit März 2022 verantwortet sie als Projektmanagerin die Kongress-Awards, moderiert unsere Online-Kongresse und schreibt weiterhin hin und wieder für das Magazin von Gründer.de.