Interview mit der Gründerin Nora Grazzini über Erfolgsfaktoren
Gründer-Geheimnis: Wie macht die App Radbonus das Radfahren zur Boni-Challenge?
Featured image: Pressefoto Radbonus
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Irgendwie interessierte sich Nora Grazzini schon immer für innovative Produkte und Ideen. Radfahren gehörte bis zum Jahr 2015 aber eigentlich zu ihren Hobbys. Bis ein Moment in der Kölner Gründerszene alles veränderte und den Grundstein für ihr Startup legte. Herausgekommen ist Radbonus, eine kostenlose App, die mithilfe des Smartphones die zurückgelegte Strecke mit dem Fahrrad misst. Für jeden erreichten Kilometer und gewonnene Challenges bekommen die Nutzer dann verschiedene Boni.
Von diesem Konzept konnte die Gründerin schon zahlreiche Nutzer, aber auch Kooperationspartner überzeugen. Dazu gehören viele Unternehmen, die ihre Mitarbeiter mit Radbonus zu mehr Aktivität motivieren. Aber auch Förderungen durch ein offizielles EU-Gründerprogramm und einen großen Energieanbieter. Mit ihrem Team möchte Nora dabei auch zukünftig alle Verkehrsteilnehmer vom Klimaschutz und der gesundheitsfördernden Wirkung überzeugen. Doch wie fing alles an? Wie entstand ihre innovative Geschäftsidee? Wir haben im Interview mit Nora erfahren, worauf Gründer dringend achten sollten und welche Strategien zum Erfolg führen.
Phase 1: Ideenfindung
Wie genau entstand die Geschäftsidee für Radbonus?
Nachdem ich nach meinem Design Studium zehn Jahre in verschiedenen Agenturen in der Kreation mit Schwerpunkt auf User Experience und Interface gearbeitet habe, zog mich mein Interesse an neuen Produkten und Innovationen Ende 2014 in die Kölner Gründerszene. Zudem ärgerte es mich als leidenschaftliche Radfahrerin schon lange, dass der Autoverkehr generell so viel “unterstützt” wird. Obwohl dieser doch letztendlich den schlechtesten Impact auf unsere Gesellschaft verursacht. Deshalb hab ich mir die Frage gestellt, was ich als Gegengewicht dazu gründen könnte und so entstand die Idee für Radbonus, damit auch Radfahrer honoriert und motiviert werden.
Wie hast du erkannt, dass es sich dabei um ein lukratives Geschäftsmodell handelt?
Radfahren war schon immer meine Leidenschaft. Denn das hat mir sowohl beruflich als auch privat sehr viel gebracht. Mit meiner Idee zu Radbonus wollte ich genau dieses Freiheitsgefühl weitergeben und die Menschen um mich herum dazu motivieren, aus ihrer Komfortzone herauszutreten und sich mehr Dinge zuzutrauen. Letztendlich können wir davon auch alle profitieren, der ökonomische Wert wird noch von vielen sehr unterschätzt. Wenn wir es schaffen den Radverkehr um ein paar Prozente zu heben, sorgt das für einen enormen nachhaltigen Benefit.
Phase 2 – Planung
Wie hast du dich bei der Planung für Radbonus unterstützen lassen?
Als ich 2015 mit Radbonus loslegte und mich endgültig für eine Gründung entschied, war ich schon sechs Monate in der Gründerszene aktiv. In dieser Zeit konnte ich also schon zahlreiche Erfahrungen und Informationen sammeln. Zusätzlich bekam ich dann noch ein Stipendium vom Startup Inkubator STARTPLATZ in Köln, was sehr viel Unterstützung beinhaltete. Wie zum Beispiel den Zugang zur Gründer-Community, aber auch auf Startups zugeschnittene Workshops und Coaches. Hinzu kamen noch zwei Accelerator-Programmen, die die Entwicklung von jungen Startups beschleunigen. Besonders hilfreich war aber natürlich auch mein Background aus dem Bereich User Experience, denn damit konnte ich ein Produkt kreieren mit einem echten Mehrwert für die Nutzer und Partner.
Wie hast du deinen Businessplan für Radbonus erstellt?
Das ist tatsächlich ein schwieriges Thema. Denn ich wurde erstmal ermutigt, gar keinen ausgereiften Businessplan zu schreiben. Das wichtigste sei das Produkt und darauf habe ich mich die ersten zwei Jahre fokussiert. Als es dann jedoch durch die ersten Mitarbeiter mit dem Geld eng wurde, entschlossen wir uns für eine Finanzierungsrunde und mussten dafür aber auch einen ausgereiften Finanzplan erstellen. Doch das gestaltete sich als so aufwendig, sodass ich den Fokus auf das laufende Geschäft verlor. Deshalb habe ich mich entschieden aus eigener Kraft und mit den Umsätzen durch Kunden zu wachsen – und es hat geklappt.
Wie hast du die erste Version der Radbonus-App finanziert?
Die allererste Version der App entwickelte eine kleine Agentur für mich und das habe ich aus meiner eigenen Tasche bezahlt. Das war wirklich nur eine erste Basisversion von Radbonus, um überhaupt etwas im App Store zu besitzen und mit den großen Fischen überhaupt reden zu können. Die hätten mich sonst nicht ernst genommen. Mein Weg ist etwas ungewöhnlich, denn ich habe ganz alleine gegründet. Am besten ist es natürlich, wenn man als Team startet und alle Fähigkeiten bzw. auch finanzielle Mittel mit einbringen. Als Gründer stellt man sich ja drauf ein, dass man eine Zeit lang ohne finanzielles Einkommen über die Runden kommt. Alle außerhalb des Gründerteams wollen hingegen bezahlt werden und das ist immer schwierig.
Phase 3 – Gründung
Wenn du zurückblickst: Welche Fehler hast du bei der Gründung von Radbonus gemacht?
Ich würde es nicht als Fehler bezeichnen, denn ohne wäre ich nicht da wo ich jetzt bin, aber ich besaß definitiv Naivität. Denn ich habe die Schwierigkeit der Abläufe und wichtigen Faktoren bei Radbonus unterschätzt. Heute bin ich stolz auf die wirklich tolle und sinnvolle App, aber der Weg dahin war nicht einfach.
Wenn Gründer heute auf eine App setzen: Worauf müssen sie dabei achten?
Wenn du bei deinem Startup auf eine App setzt, dann solltest du auch unbedingt die langfristigen Kosten einplanen. Dazu gehört der Server, der gut und gerne 500 Euro pro Monat kostet, aber auch der Customer Support. Viele denken, dass man eine App entwickelt, in den Store wirft und dann trudelt das Geld ein, ohne dass man was machen muss. Doch eine App ist in den allermeisten Fällen KEIN passives Einkommen, sondern nur ein Tool und im Gesamtpaket ein Baustein, um Einnahmen zu generieren.
Wo befindet sich deiner Meinung nach der ideale Standort für eine Gründung?
Ich denke, das ist eigentlich vollkommen überbewertet, weil wir digital unterwegs sind und Kunden gibt es fast überall. Was ich wichtig finde, sind eine unterstützende Community und ein gutes Netzwerk. Mit einer gewissen Reife und idealerweise auch Erfahrungen, um kurzfristig Fragen zu beantworten. Als Anlaufstellen eignen sich zum Beispiel auch die Gründerzentren und Startup Inkubatoren, weshalb sich die Gründung in der Nähe einer solchen Einrichtung anbietet.
Phase 4 – Wachstum
Wie hast du es geschafft, Radbonus so erfolgreich aufzubauen?
Mein Motto war direkt vom ersten Tag an: Jedem, den ich in die Finger bekomme, werde ich Radbonus anbieten. Ich bin selbstbewusst auch auf große Kunden offensiv zugegangen und habe sie gefragt, was ich für sie tun kann. Dadurch habe ich herausgefunden, wo ihre Pain Points liegen und konnte mein Angebot darauf zuschneiden. Im gleichen Zug konnte ich mein Business Model validieren und ein passendes Pricing finden. Denn bei uns war und ist immer noch ein großes Thema, aus welchen Budget-Töpfen wir bezahlt werden. Außerdem war mir von Anfang an wichtig, die App nur um Features zu erweitern, die vom Kunden angefragt wurden. Das Zauberwort lautet also zusammenfassend: Validierung – mit allen Kunden, so schnell wie möglich, und das Produkt auf die Bedürfnisse anpassen.
Was macht Radbonus, im Vergleich zur Konkurrenz, so besonders?
Das klingt in der heutigen Zeit verrückt, aber tatsächlich würde ich dabei den Datenschutz nennen. Denn bei Radbonus sammeln wir keine personenbezogenen Daten. Grundsätzlich macht unseren Erfolg wohl aber auch das Gesamtpaket aus Nachhaltigkeit, Kundenservice und dem offensichtlichen Mehrwert für Nutzer aus. So konnten wir uns gegen Konkurrenten bisher gut behaupten.
Welche Marketing-Kanäle habt ihr bisher genutzt?
Um Kosten zu sparen bzw. die Ressourcen anderweitig zu verwenden, stecken wir kein Geld in Marketing, sondern wachsen rein organisch. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir auf eine aussagekräftige Website achten und auf Suchmaschinenoptimierung. Außerdem arbeiten wir mit großen Partnern zusammen, die ihren Kunden bzw. Mitarbeitern dann wiederum Radbonus vorstellen.
Welche geheimen Tipps kannst du angehenden Gründern geben?
Mein Tipp für angehende Gründer lautet: Dranbleiben, aber nicht um jeden Preis! Der Irrsinn von der Idee mit dem schnellen Geld ist meistens nicht real. Denn Gründen heißt schwer arbeiten und das lange Zeit für wenig Geld. Das muss man wollen und auch können. Deshalb ist es sinnvoll, sich darauf innerlich schon vorzubereiten, um später nicht enttäuscht oder überfordert zu sein. Mit einem guten Konzept und dem unbedingten Willen kannst du es schaffen, doch bis zu einem langfristig erfolgreichen Startup ist es ein langer Weg.
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Über den Autor
Insa Schoppe
Direkt nach dem Abitur entschied sich Insa für ein „Multimedia Production“-Studium in Kiel, danach folgten praktische Erfahrungen in einer Fernsehproduktionsfirma. Anschließend startete sie ein Volontariat in der Redaktion eines Radiounternehmens und wurde als Redakteurin übernommen. Zu ihren Aufgaben gehörten neben der Recherche und Texterstellung auch tägliche Nachrichten sowie die Verantwortung für mehrere Magazine. Im März 2020 wechselte Insa von der Radio-Redaktion in die Online-Redaktion von Gründer.de. Seit März 2022 verantwortet sie als Projektmanagerin die Kongress-Awards, moderiert unsere Online-Kongresse und schreibt weiterhin hin und wieder für das Magazin von Gründer.de.