Details zu den wichtigsten Anfechtungsgründen
Vertrag anfechten: 5 Wege aus einem geschlossen Vertrag
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Inhaltsverzeichnis
- Definition Vertrag – Wann ist ein Vertrag anfechtbar?
- 5 Wege, wie sich ein Vertrag anfechten oder beenden lässt
- Fazit: Erst informieren, dann Vertrag anfechten
- Häufige Fragen (FAQ) zum Vertrag anfechten
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Definition Vertrag – Wann ist ein Vertrag anfechtbar?
Ein Vertrag ist laut Definition eine verbindliche Vereinbarung zwischen verschiedenen Vertragsparteien. Allerdings kommt er nur zustande, wenn sich die Willenserklärung der Vertragsparteien deckt, deshalb kann er nie einseitig abgeschlossen werden. Zudem ist ein Vertrag formfrei und kann schriftlich, mündlich aber auch durch eine klare Handlung zustande kommen. Sollte jemand vor Gericht behaupten, dass ein Vertrag existiert oder den Vertrag anfechten wollen, müssen jedoch Nachweise für eine aktive Zustimmung beider Vertragsparteien vor der Vertragsanfechtung vorhanden sein.
Achtung: Es gibt kein allgemeines Widerrufsrecht für die Anfechtung eines Vertrages!
Dabei existiert ein weit verbreiteter Irrtum, dass man bei Vertragsabschlüssen grundsätzlich ein Widerrufsrecht besitzt. Viele denken somit, dass man die Anfechtung eines Vertrags immer vornehmen kann. Richtig ist, dass der Gesetzgeber Verbrauchern für bestimmte Geschäfte ein Widerrufsrecht innerhalb einer bestimmten Frist einräumt. Das gilt beispielsweise für Verträge, die online geschlossen werden. Voraussetzung für die Anfechtung eines Vertrages ist aber immer, dass der Widerruf von einem Verkäufer oder Anbieter offiziell erklärt wird. Für Verhandlungen, die du als Kaufmann führst und die zum Vertragsschluss geführt haben, gelten diese Möglichkeiten generell jedoch nicht. Somit ist die Anfechtung eines Vertrages nicht immer möglich.
5 Wege, wie sich ein Vertrag anfechten oder beenden lässt
Kein Grundsatz ohne Ausnahme: Das gilt auch für die Tatsache, dass Verträge einzuhalten sind. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie du einen einmal geschlossenen Vertrag wieder auflösen kannst und somit eine Anfechtung des Vertrags möglich ist. Diese fünf Wege zeigen dir, wie sich ein Vertrag anfechten lässt:
1. Prüfe den Vertragsabschluss auf Anfechtungsgründe
Hast du festgestellt, dass ein Vertragsabschluss für dich privat oder dein Unternehmen ungünstig ist, solltest du als Erstes prüfen, ob überhaupt ein Vertrag zustande gekommen ist. Denn dann ist die Anfechtung von Verträgen möglich. Dabei gelten die folgenden Faktoren, wenn du den Vertrag anfechten möchtest:
- Verträge entstehen durch den Austausch von sogenannten Willenserklärungen, dem Angebot und der Annahme. Diese Willenserklärungen müssen übereinstimmen und dem jeweils anderen Vertragspartner zugehen. Wenn du die Annahme eines Vertrags beispielsweise per Brief erklärt hast und dann feststellst, dass dieser Vertrag für deinen Betrieb ungünstig ist, musst du schnell reagieren. Denn so klappt auch die Anfechtung vom Vertrag.
- Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Annahmeerklärung dem Vertragspartner zugegangen ist, kannst du diese dem Vertragspartner gegenüber widerrufen. Teile ihm dazu z.B. per Fax mit, dass du deine Annahmeerklärung widerrufst. Somit kommt es zu einer Anfechtung eines Vertrages.
- Wichtig beim Anfechten eines Vertrags ist, dass diese Erklärung spätestens gleichzeitig mit dem Brief mit der ursprünglichen Annahmeerklärung beim Vertragspartner eingeht.
Gesetzlicher Anfechtungsgrund #1: Irrtum
Folgende Regeln gelten, wenn ein Irrtum als möglicher Anfechtungsgrund vorliegt:
- Du warst bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum.
- Du wolltest eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben.
- Dabei hast du dich im Bezug auf verkehrswesentliche Eigenschaften des Vertragsgegenstands geirrt.
Generell können also nur Anfechtungsgründe vorliegen, wenn einer dieser Faktoren erfüllt ist. Ein Beispiel: Dir liegen zwei Angebote eines Lieferanten vor und du willst Angebot 1 unterschreiben. Allerdings verwechselst du dieses aber mit Angebot 2 und unterschreibst irrtümlich dieses Angebot. Dann liegt nach §119 BGB ein Irrtum als einer der möglichen Anfechtungsgründe vor und der Vertrag lässt sich anfechten bzw. auflösen. Somit reicht dieser Grund aus, um die Anfechtung des Vertrags vorzunehmen.
Gesetzlicher Anfechtungsgrund #2: Übermittlungsfehler
Ein weiterer gesetzlicher Anfechtungsgrund liegt vor, wenn es bei Vertragsschluss einen Übermittlungsfehler gab. Wenn du zum Beispiel einem Neukunden ein Angebot per Email übermittelst, aber wegen einer technischen Störung wird nur die erste Seite, nicht aber Seiten zwei und drei mit den AGB übermittelt. Dann nimmt der Kunde das Angebot auf Basis der ihm bekannten ersten Seite an. Allerdings kannst du dann laut §120 BGB den Vertrag anfechten, da er nicht korrekt übermittelt wurde und damit als einer der möglichen Anfechtungsgründe in Frage kommt. Generell reicht also dieser Vorgang, damit die Anfechtung eines Vertrages möglich wird.
Gesetzlicher Anfechtungsgrund #3: Täuschung oder Drohung
Zusätzlich existiert neben den anderen Anfechtungsgründen auch noch die Möglichkeit, dass eine Täuschung oder Drohung vorliegt. Dabei hat ein Unternehmen zum Beispiel ein Grundstück für eine neue Lagerhalle gekauft. Nach Vertragsschluss erfährt der Geschäftsinhaber, dass das Grundstück stark mit Giften kontaminiert ist. Trotz entsprechender Frage bei den Vertragsverhandlungen hat der Verkäufer dies bewusst verschwiegen und damit die Voraussetzung für die Anfechtung eines Vertrags geschaffen. Denn dann lässt sich laut §123 BGB der geschlossene Vertrag anfechten, da Faktoren der Anfechtungsgründe vorhanden sind.
2. Vertrag aktiv anfechten
Die Anfechtung eines Vertrags gibt dir die Möglichkeit, dich im Nachhinein von einem einmal geschlossen Vertrag zu lösen. Damit existiert der Vertrag nicht mehr, weil deine dazu erforderliche Erklärung unwirksam geworden ist. Um einen Vertrag anfechten zu können, müssen allerdings zwei Voraussetzungen für die Anfechtung von Verträgen beachtet werden:
1. Voraussetzung: Der Anfechtungsgrund muss vorhanden sein
Nur ausnahmsweise bist du zur Anfechtung des Vertrags berechtigt. Nämlich dann, wenn einer der bereits beschriebenen gesetzlichen Anfechtungsgründe vorliegt. Erst dann kannst du deinen Vertrag anfechten bzw. auflösen und aktiv werden.
2. Voraussetzung: Die Anfechtungserklärung und ihre Frist
Wichtig ist, dass du die Anfechtung deines Vertrags gegenüber dem Vertragspartner ausdrücklich erklärst. Dabei muss deine Erklärung eindeutig erkennen lassen, dass du dich wegen eines Anfechtungsgrunds von dem Vertrag trennen willst. Jedoch ist es nicht erforderlich, dass du das Wort „Anfechtung“ verwendest oder den rechtlichen Grund für das Anfechten des Vertrags angibst. Allerdings muss deine Erklärung aber die Tatsachen erkennen lassen, auf die du die Anfechtung des Vertrags stützt. Dabei existieren keine weiteren Formvorschriften für die Anfechtungserklärung. Aus Beweisgründen solltest du die Anfechtung von Verträgen trotzdem immer schriftlich erklären und sie so übersenden, dass du den Zugang nachweisen kannst.
Besonders wichtig beim Vertrag anfechten ist zudem die Frist. Denn der Vertragspartner muss die Anfechtungserklärung innerhalb der gesetzlichen Anfechtungsfrist bekommen, das bedeutet:
- Bei der Anfechtung wegen Irrtums oder Übermittlungsfehlern: Die Frist schreibt vor, dass du unverzüglich aktiv werden musst, nachdem du Kenntnis von dem Anfechtungsgrund bekommen hast. „Unverzüglich“ bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“. Also schnell handeln, aber du darfst dich vorher rechtlich beraten lassen.
- Bei der Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung: Die Frist beim Vertrag anfechten läuft innerhalb eines Jahres aus, nachdem du die Täuschung entdeckt hast bzw. die Zwangslage, in der du dich aufgrund einer Drohung befunden hast.
3. Kündigung eines Vertrags bei Vertragsanfechtung
Eine weitere Möglichkeit, einen Vertrag aufzulösen, ist die Kündigung. Diese gibt dir insbesondere bei sogenannten Dauerschuldverhältnissen, und damit allen Verträge mit einer Laufzeit, die Möglichkeit den Vertrag ohne Zustimmung des Vertragspartners zu beenden. Damit lässt sich ein Vertrag zwar nicht im klassischen Sinne anfechten, doch das Vertragsverhältnis ist dann zumindest aufgehoben. Allerdings sind die in den Wartungsverträgen enthaltenen Kündigungsfristen einzuhalten. Es sei denn, du findest einen Grund für eine fristlose Kündigung. Insgesamt gibt es bei einer Kündigung oftmals Formvorschriften zu beachten, ein Arbeitsvertrag kann zum Beispiel nur schriftlich gekündigt werden. Halte diese Formvorschriften unbedingt ein, da die Kündigung sonst rechtlich nicht wirksam ist.
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4. Prüfe gesetzliche Rücktrittsrechte beim Vertrag anfechten
Neben der Kündigung gibt es eine weitere Möglichkeit für dich, einen Vertrag durch eine einseitige Erklärung zu beenden: den Rücktritt. Dafür brauchst du allerdings einen besonderen Rücktrittsgrund, der sich wiederum entweder aus dem Gesetz oder dem Vertrag ergeben kann. Das wohl wichtigste gesetzliche Rücktrittsrecht bei gegenseitig verpflichtenden Verträgen ist in § 323 BGB geregelt. Danach kannst du als Unternehmer von einem Vertrag zurücktreten, wenn dein Vertragspartner seine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht hat. Und du ihm erfolglos vor der Anfechtung des Vertrags eine angemessene Nachfrist gesetzt hast. Dadurch lässt sich ein rechtswirksamer Vertrag anfechten, da die vereinbarten Leistungen nicht vorhanden sind.
Ein Beispiel wäre, wenn du Osterschmuck für deine Ladendekoration bestellst und dieser Schmuck bis zwei Tage vor Ostern noch immer nicht angekommen ist. Oder aber vereinbarte Renovierungen deiner Büroräume nicht vorgenommen wurden. In diesem Fall musst du eine schriftliche Nachfrist gewähren, erst danach kannst du von dem Vertrag zurücktreten und die Vertragsanfechtung durchziehen. Die folgende Formulierung kommt vor dem Anfechten des Vertrags in Frage: „Wir haben festgestellt, dass Sie entgegen den vertraglichen Vereinbarungen unsere Büroräume nicht bis zum 15.10.2021 renoviert haben. Wir setzen Ihnen hiermit eine einmalige Nachfrist bis zum 22.10.2021 zur vollständigen Erledigung aller vertraglich vorgesehenen Arbeiten.“
5. Vereinbare ein vertragliches Rücktrittsrecht
Um sich direkt im Vorwege abzusichern und den Vertrag gar nicht erst anfechten zu müssen, lässt sich ein Rücktrittsrecht vereinbaren. Der Vorteil dieser Vereinbarung ist, dass sich alle Vertragsparteien daran halten müssen und Diskussionen über die Anfechtung von Verträgen ausgeschlossen sind. Bei einer möglichen Anfechtung des Vertrags gelten zunächst die rechtswirksamen Vertragsvereinbarungen, weshalb diese Formulierungen rechtliche Abläufe erleichtern.
Dafür lässt sich das folgende Formulierungsbeispiel nutzen:
„Für den Fall, dass der Käufer nicht bis zum 05.10.2021 den Mietvertrag für die Geschäftsräume in … abschließen kann, wird ihm ein bis zum 18.10.2021 auszuübendes Rücktrittsrecht von diesem Vertrag eingeräumt.“
Fazit: Erst informieren, dann Vertrag anfechten
Wer aus einem geschlossenen Vertrag herauskommen möchte oder über die Anfechtung seines Vertrags nachdenkt, sollte sich zunächst von einem Anwalt oder Rechtsexperten beraten lassen. Denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass du ansonsten zu Unrecht einen verbindlichen Vertrag nicht einhältst. Oder aber wichtige Anfechtungsgründe übersiehst, die du beim Vertrag anfechten geltend machen kannst. Generell sollten dich geschlossene Verträge jedoch niemals davon abhalten, entstandene Nachteile zu kritisieren oder die Anfechtung von Verträgen vorzunehmen. Denn nur mit einem sinnvollen und rechtswirksamen Vertrag, kannst du deine geschäftlichen Tätigkeiten problemlos abwickeln.
Häufige Fragen (FAQ) zum Vertrag anfechten
Generell existiert ein weit verbreiteter Irrtum, dass man bei Vertragsabschlüssen grundsätzlich ein Widerrufsrecht besitzt. Viele denken somit, dass man die Anfechtung eines Vertrags immer vornehmen kann. Richtig ist, dass der Gesetzgeber Verbrauchern für bestimmte Geschäfte ein Widerrufsrecht innerhalb einer bestimmten Frist einräumt. Das gilt beispielsweise für Verträge, die online geschlossen werden. Voraussetzung ist aber immer, dass der Widerruf von einem Verkäufer oder Anbieter offiziell erklärt wird.
Zum Beispiel kannst du zunächst überprüfen, ob Anfechtungsgründe vorliegen. Denn Verträge entstehen durch den Austausch von sogenannten Willenserklärungen, dem Angebot und der Annahme. Diese Willenserklärungen müssen übereinstimmen und dem jeweils anderen Vertragspartner zugehen. Wenn du die Annahme eines Vertrags beispielsweise per Brief erklärt hast und dann feststellst, dass dieser Vertrag für deinen Betrieb ungünstig ist, musst du schnell reagieren.
Ein Vertrag lässt sich anfechten, wenn der Käufer oder Verkäufer einem Irrtum unterlag, er getäuscht oder bedroht wurde. Grundsätzlich gilt die festgelegte Widerrufsfrist beim Vertrag, wenn kein Irrtum, Täuschung oder Bedrohung vorliegen.
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Über den Autor
Luisa Färber
Luisa macht seit Februar 2022 ihr Volontariat in der Online-Redaktion von Gründer.de. Hier ist sie immer auf der Suche nach den neusten Startups mit bahnbrechenden Ideen und spannenden Businessmodellen. Ob Nachhaltigkeit, Food oder FinTech – Luisa recherchiert und schreibt über die Unternehmen von morgen! Außerdem ist sie mitverantwortlich für unsere Kooperationen und bringt Gründer.de auch als Marke voran. Ursprünglich kommt sie aus einem kleinen Dorf in Oberfranken und entschied sich nach dem Abitur für ein Studium der Angewandten Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Technischen Universität Ilmenau in Thüringen. Nach ihrem Bachelor, in dem sie ihre Leidenschaft für die redaktionelle Arbeit entdeckte, hat es sie nun nach Köln und in die Redaktion von Gründer.de verschlagen.
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